Unklare Abrede über Umbauten führt zum Schriftformverstoß
Wenn ein möglicher Grundstückserwerber aus dem Mietvertrag den Umfang einer Verpflichtung zur baulichen Herstellung des Mietobjekts nicht erkennen kann, liegt ein Schriftformmangel vor.
(OLG Brandenburg, Urteil vom 10. Januar 2022, Az. 3 U 110/20)
Der Fall
Die Parteien schließen einen langfristigen Mietvertrag über ein Gewerbeobjekt, in dem Asylsuchende untergebracht werden sollen. Dafür muss das Gebäude umgebaut und eine Genehmigung der Nutzungsänderung eingeholt werden. Die geschuldeten Ausbaumaßnahmen sollen sich aus einem Grundriss nebst Flächenberechnung und einer Ausstattungsbeschreibung ergeben, die als Anlage beigefügt sind. Die Beschreibung der Mietsache steht zudem unter dem Vorbehalt, dass es aus der Genehmigung der Nutzungsänderung zu Auflagen oder Änderungen kommt. Noch vor Übergabe entsteht Streit über den Ausbauzustand, den der Vermieter sicherzustellen hat, und das Fehlen der Nutzungsänderungsgenehmigung, die der Mieter hätte einholen sollen. Der Mieter kündigt den Mietvertrag unter Verweis auf einen Schriftformverstoß. Der Vermieter verklagt den Mieter dennoch auf Zahlung der Miete über den Kündigungszeitpunkt hinaus. Zu Recht?
Die Folgen
Nein, die Kündigung ist wirksam. Das Schriftformerfordernis ist nur gewahrt, wenn sich die für den Vertragsschluss notwendigen wesentlichen Bedingungen aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergeben. Wird eine Vereinbarung über noch durchzuführende Umbauarbeiten und deren Kosten getroffen, können solche Abreden vertragswesentlich sein, auch wenn sie in Nebenabreden getroffen werden. Hier lässt sich die vereinbarte Ausstattung nicht konkret genug der Anlage zum Mietvertrag entnehmen. Vielmehr haben die Parteien den Ausstattungsumfang erst nach Vertragsschluss per E-Mail festgelegt. Für einen Erwerber wäre daher nicht erkennbar, ob und in welchem Umfang ein Mieter Anspruch auf Ausstattung der Mietsache hat und in welchem Umfang diesen eine Ausstattungspflicht trifft. Ein weiterer Schriftformverstoß liegt darin, dass die Beschreibung der Mietsache unter dem Vorbehalt möglicher Änderungen oder Auflagen stand. Auch das ist zu unbestimmt.
Was ist zu tun?
Bei der Gestaltung von gewerblichen Mietverträgen ist sicherzustellen, dass die Ausstattung einer noch zu errichtenden bzw. umzubauenden Mietsache, der Schuldner der Durchführungsverpflichtung und die Kostentragung hinreichend konkret beschrieben werden. Nur so kann ein potenzieller Erwerber sich vollständig über die auf ihn übergehenden Verpflichtungen informieren. Nachträgliche Änderungen der Beschreibung der Mietsache, zum Beispiel aufgrund von Auflagen aus einer nach Vertragsschluss erteilten Baugenehmigung, müssen immer im Rahmen eines Nachtrags dokumentiert werden, um das Schriftformerfordernis zu wahren.
(Quelle: Immobilien Zeitung 7.4.2022, Ausgabe 14/2022)