Veränderungssperre darf nicht beliebig verlängert werden
Um eine Verhinderungsplanung handelt es sich, wenn über mehr als drei Jahre kaum Planungstätigkeit stattgefunden hat oder der Bebauungsplan noch undefiniert ist.
(OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. März 2022, Az. OVG 10 S 31/21)
Der Fall
Die Antragstellerin beantragt im Eilrechtsschutzverfahren, dass eine Satzung über die zweite Verlängerung einer Veränderungssperre außer Vollzug gesetzt wird. Aufgrund des zögerlichen Verhaltens der Gemeinde sei das für die zweite Verlängerung erforderliche Tatbestandsmerkmal der „besonderen Umstände“ nicht gegeben. Zudem betreibe die Gemeinde eine Verhinderungstaktik, da selbst nach dreieinhalb Jahren kaum Planungsanstrengungen unternommen wurden.
Die Folgen
Das OVG setzt die Satzung vorläufig außer Vollzug. Im Planverfahren gibt es nichts Ungewöhnliches, das sich von üblichen Verfahren wesentlich abhebt, sodass keine weitere Fristverlängerung gerechtfertigt ist. Die Gemeinde berief sich auf die Corona-Pandemie, auf Verhandlungen über einen städtebaulichen Vertrag und auf außerplanmäßige Auslastung des Planungsbüros. Diese Umstände, die nicht in ihrer Sphäre liegen, hätten die Verzögerung verursacht. Dem Gericht reichte das nicht. Die Gemeinde muss darlegen, welche Störungen pandemiebedingt aufgetreten sind, welche Verhandlungen warum ins Stocken gerieten und welche Planungsbüros wann ausgelastet gewesen sein sollen. Das OVG wertete das Verhalten der Gemeinde als Verhinderungsplanung: Über dreieinhalb Jahre gab es kaum Planungstätigkeit und der Inhalt des Bebauungsplans ist noch „undefiniert“.
Was ist zu tun?
Das Urteil zeigt, dass das Instrument der Veränderungssperre für die Gemeinde zweischneidige Folgen hat: Einerseits ist die Grundstücksentwicklung vorübergehend eingefroren, andererseits läuft mit Erlass einer Veränderungssperre die Uhr für die Festsetzung des Bebauungsplans. Die Veränderungssperre hat somit nicht nur Nachteile für den Bauherrn, sondern bedeutet auch, dass sich die Gemeinde beeilen muss. Zunächst gilt eine Zweijahresfrist, welche ohne weiteres um ein Jahr verlängert werden kann. Um diese Frist dann aber um ein weiteres Jahr zu verlängern, muss die Gemeinde besondere Umstände nachweisen. Dabei kann sie sich nicht hinter allgemeinen Formulierungen verstecken, sondern muss die verzögernden Umstände konkret belegen. Wird sie diesen Anforderungen nicht gerecht, ist die Fristverlängerung nicht gerechtfertigt. Im Übrigen muss die Gemeinde aufpassen, sich nicht der Verhinderungsplanung schuldig zu machen. Sie sollte daher Bemühungen anstellen, die Planung der Fläche voranzutreiben. Nur vorgeschobene Anstrengungen, etwa die Beauftragung der Planung eines Bruchteils der Fläche, entlasten die Gemeinde nicht. Sie sollte sich demnach überlegen, wann sie eine Veränderungssperre erlässt. Denn sobald sie es tut, fängt die Uhr an zu ticken.
(Quelle: Immobilien Zeitung 2.6.2022, Ausgabe 22/2022)