Verkäufer muss gekündigte Versicherung nicht anzeigen

22. September 2020

Der Verkäufer eines bebauten Grundstücks ist nicht verpflichtet, dem Käufer ungefragt mitzuteilen, dass er keine Gebäudeversicherung abgeschlossen hat. (BGH, Urteil vom 20. März 2020, Az. V ZR 61/19)

Der Fall
In einem Kaufvertrag über ein bebautes Grundstück war geregelt, dass der Besitz und die Nutzungen, die Gefahr und die Lasten einschließlich aller Verpflichtungen aus den Versicherungen, die den Grundbesitz betreffen, sowie die allgemeinen Verkehrssicherungspflichten an dem Tag auf den Käufer übergehen, an dem der Kaufpreis gezahlt wird. Zwischen der Beurkundung des Vertrags und der Übergabe des Grundstücks kündigte der Versicherer die Wohngebäudeversicherung des Verkäufers. Darüber informierte der Verkäufer den Käufer nicht. Nach der Übergabe des Grundstücks wird das Dach des Hauses bei einem Unwetter beschädigt. Der Käufer verklagt den Verkäufer: Er soll ihm die Kosten für die Beseitigung des Schadens ersetzen.

Die Folgen
Die Klage bleibt ohne Erfolg; der Käufer hat keinen Schadenersatzanspruch. Der Verkäufer ist nicht verpflichtet, das Gebäude nach der Kündigung im Interesse des Käufers gegen Unwetterschäden neu zu versichern. Daran ändert auch die Regelung des § 95 VVG nichts. Nach dieser Regelung besteht zwischen Gefahr- und Eigentumsübergang Versicherungsschutz. Abweichende Vereinbarungen sind möglich, liegen hier aber nicht vor. Auch hat der Verkäufer keine vertragliche Nebenpflicht verletzt, die sich aus Treu und Glauben ergibt, indem er den Käufer nicht über die Kündigung des Versicherers unterrichtet hat. Eine solche Informationspflicht besteht nicht, wenn es sich um Umstände handelt, die in den Verantwortungsbereich des Vertragspartners fallen, und dieser nicht erwarten darf, dass er darüber eine Mitteilung erhält. Das ist hier der Fall. Etwas anderes würde gelten, wenn der Verkäufer vor oder bei Abschluss des Kaufvertrags erklärt hätte, dass eine Gebäudeversicherung besteht. Denn dann müsste er davon ausgehen, dass sich der Käufer darauf verlässt und keine zusätzlichen Maßnahmen trifft wegen des in § 95 VVG angeordneten Vertragsübergangs.

Was ist zu tun?
Will ein Käufer sichergehen, dass eine Versicherung, die der Verkäufer abgeschlossen hat, weiterhin besteht, muss er sich diesbezüglich beim Verkäufer ausdrücklich erkundigen oder eine entsprechende Regelung in den Kaufvertrag aufnehmen. Hat der Käufer nicht danach gefragt und der Verkäufer sich in dem Vertrag nicht zur Aufrechterhaltung bzw. zu einem Neuabschluss einer Gebäudeversicherung verpflichtet, bestehen keine Ansprüche des Käufers gegenüber dem Verkäufer. Insbesondere muss der Verkäufer den Käufer nicht ungefragt darüber unterrichten, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine Gebäudeversicherung besteht.

(Quelle: Immobilien Zeitung 17.9.2020, Ausgabe 38/2020)