Verkäufer muss nicht ungefragt Auskunft über Mängel geben

20. April 2020

Es ist Sache des Kaufinteressenten, sich die Informationen über das Grundstück zu beschaffen, die für seine Kaufentscheidung notwendig sind. (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17. Dezember 2019, Az. I-24 U 21/19)

DER FALL
Nach langen Verhandlungen scheiterte ein Grundstückkaufvertrag letztlich an unterschiedlichen Preisvorstellungen. Die Kaufinteressentin verklagte anschließend den Grundstückseigner darauf, ihre Aufwendungen zu ersetzen; es ging vor allem um Planungskosten für das Grundstück. Der Eigentümer habe sie erst nach Abschluss der Bauplanung über laufende Gerichtsverfahren und eine Leitung auf dem Grundstück informiert. Beides habe die geplante Bebauung unwirtschaftlich werden lassen, so die Klägerin. Wäre sie rechtzeitig aufgeklärt worden, hätte sie frühzeitig Abstand vom Kauf genommen und das Geld für die Planungen gespart.

DIE FOLGEN
Das Oberlandesgericht wies die Klage ab. Weder der Verhandlungsabbruch noch die angeblich späte Aufklärung über die Mängel macht den Eigentümer schadenersatzpflichtig. Grundsätzlich kann jede Partei grundlos Vertragsverhandlungen abbrechen. Das gilt erst recht für Grundstückskaufverträge, weil diese nach dem Willen des Gesetzgebers erst mit ihrer Beurkundung wirksam werden sollen. Hat eine Partei im Vertrauen darauf, dass der Vertrag zustande kommt, Aufwendungen gemacht, ist dies ihr Risiko. Etwas anderes gilt nur, wenn sich eine Partei bewusst treuwidrig verhält, etwa nur vortäuscht, dass sie das Grundstück verkaufen will. Der Eigentümer musste die Kaufinteressentin nach Ansicht des OLG auch nicht über die Leitung und den Rechtsstreit aufklären. In einer Marktwirtschaft ist grundsätzlich jede Partei selbst dafür verantwortlich, die für sie maßgeblichen Informationen einzuholen. Es gibt keine allgemeine Pflicht, den anderen Teil auch ohne Nachfrage über alle möglicherweise relevanten Umstände aufzuklären.

WAS IST ZU TUN?
Die Entscheidung zeigt das Dilemma des Grundstückskäufers. Einerseits muss er meist die Immobilie vor Vertragsschluss gründlich prüfen, denn er darf nicht darauf vertrauen, dass ihm der Verkäufer alle relevanten Informationen von sich aus mitteilen wird. Andererseits muss er bis zum Beurkundungstermin damit rechnen, dass die Verhandlungen abgebrochen werden und er dann auf den Kosten sitzen bleibt. Dagegen helfen auch Exklusivitätsvereinbarungen nur wenig. Denn diese verbieten dem Verkäufer meist nur, parallel mit Dritten zu verhandeln. Sie hindern ihn aber nicht daran, die Verhandlungen aus anderen Gründen scheitern zu lassen. Hilfreich können dagegen umfangreiche kaufvertragliche Garantiekataloge sein, weil sie eine umfassende Due Diligence entbehrlich machen würden. Zumindest in den vergangenen Jahren waren solche Gewährleistungen aber am Markt kaum durchsetzbar. Daran dürfte sich mittelfristig wenig ändern.

(Quelle: Immobilien Zeitung 16.4.2020, Ausgabe 16/2020)