WEG kann Mitgliedern Umbauten unter Kostenvorbehalt erlauben
Hat ein Wohnungseigentümer eigenmächtig das Gemeinschaftseigentum baulich verändert, können die anderen Eigentümer das nachträglich unter der Voraussetzung genehmigen, dass er die Folgekosten trägt. (BGH, Urteil vom 15. Mai 2020, Az. V ZR 64/19)
DER FALL
Kläger und Beklagte sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Diese beschloss im Jahr 2012, dass die Eigentümer an ihren Fenstern hofseitig Jalousien an der Fassade des Gebäudes installieren können. Die Beklagten veranlassten dies 2013, die Kläger verlangten die Beseitigung dieser Jalousien. Während des Berufungsverfahrens fasste die WEG 2018 den – angefochtenen – Beschluss, dass alle Wohnungseigentümer an ihren hofseitig gelegenen Fassaden- und Balkonkonstruktionen Verschattungsanlagen fachmännisch anbringen lassen dürfen. Diese Anlagen sollen in einheitlicher Art und Form ausgeführt werden, optisch harmonieren und sich den vorhandenen Verschattungsanlagen weitestgehend anpassen. Die entstehenden Einbau- und eventuellen Folgekosten sollten die Eigentümer der jeweiligen Wohneinheit selbst tragen. Die Kläger wollten feststellen lassen, dass dieser Beschluss nichtig ist und dass die Jalousien beseitigt werden müssen. Damit hatten sie allerdings keinen Erfolg.
DIE FOLGEN
Die Kläger müssen die Jalousien dulden, denn der Beschluss aus dem Jahr 2018 räumt den Beklagten das Recht ein, das gemeinschaftliche Eigentum für ihre Jalousien zu benutzen. Zwar ist der Beschluss dem Wortlaut nach auf die Zukunft gerichtet. Aber die Vorgabe, sich an bestehende Verschattungsanlagen optisch orientieren zu müssen, impliziert, dass auch bereits bestehende Jalousien genehmigt sind. Der Beschluss der WEG ist auch nicht wegen der Kostenregelung zur Anbringung und Unterhaltung der Jalousien nichtig. Grundsätzlich können Wohnungseigentümer nach § 16 Abs. 4 WEG a.F. im Einzelfall eine Kostenregelung beschließen, die von § 16 Abs. 2 WEG abweicht. Hier aber haben die Eigentümer die Kostenregelung nicht geändert, sondern nur beschlossen, dass die Zustimmung zur Anbringung von Jalousien von der Kostentragungspflicht und der Übernahme der Verkehrssicherungspflicht durch den jeweiligen Eigentümer abhängt. Damit wurde die Zustimmung zwar unter eine Bedingung gesetzt, aber keine Kostenregelung geändert.
WAS IST ZU TUN?
Die Regelung des § 16 Abs. 4 WEG a.F. über die abweichende Kostenregelung ist im neuen WEG-Gesetz, das seit 1. Dezember 2020 gilt, nicht mehr enthalten. Aber die Diskussionen darüber, wer die Kosten für bauliche Veränderungen trägt, werden bleiben. Der Gesetzgeber hat versucht, über § 20 Abs. 1 WEG und § 21 Abs. 1 WEG Regelungen zu schaffen, die bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum erleichtern – auch gegen den Willen vereinzelter, bauunwilliger Miteigentümer.
(Quelle: Immobilien Zeitung 17.12.2020, Ausgabe 51/2020)