Wer Flächen nur mitbenutzen darf, ist noch kein Mitbesitzer

11. Oktober 2019

Hat ein Gewerbemieter bloß ein Mitbenutzungsrecht an Verkehrsflächen, kann er nicht verhindern, dass der Vermieter sie verändert. Dazu müsste er Mitbesitzer der Flächen sein. (OLG Dresden, Beschluss vom 17. Juni 2019, Az. 5 U 880/19)

Der Fall
Ein Logistikunternehmen hatte in einem Logistikobjekt eine einzelne Lagerhalle gemietet. Der Mietvertrag berechtigte die Firma ausdrücklich, die zugehörigen Verkehrsflächen mitzubenutzen. Die Vermieterin beabsichtigte, auf dem Grundstück weitere Hallen zu errichten, die die bestehenden Verkehrsflächen teilweise überdecken würden. Der Mieter will daraufhin im einstweiligen Rechtschutz verbieten lassen, dass die Verkehrsfläche, die er laut Vertrag nutzen darf, beeinträchtigt wird. Ohne Erfolg: Das LG sieht keinen Unterlassungsanspruch des Mieters, und das OLG kündigt in einem Hinweisbeschluss an, die Berufung wegen offensichtlich fehlender Erfolgsaussicht nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Die Folgen
Das OLG ist der Ansicht, dass nach dem Wortlaut des Mietvertrags nur die Halle selbst Mietobjekt geworden ist, die Verkehrsfläche aber nicht. An ihr hat das Logistikunternehmen kein exklusives Nutzungsrecht, sondern nur ein Mitbenutzungsrecht. Dehalb kann der Mieter Besitzschutzansprüche nur hinsichtlich der Halle geltend machen. Diese Ansprüche werden durch die Neubauten aber nicht verletzt, da die Halle immer noch – sogar mit Lkw – erreichbar ist. Mit Blick auf die teilweise wegfallenden Verkehrsflächen kann der Mieter keinen Besitzschutz geltend machen, selbst wenn die Zufahrt künftig weniger komfortabel sein wird. Denn das bloße Recht zur Mitbenutzung ist kein Mitbesitz, und der wäre notwendig, um Unterlassungsansprüche geltend machen zu können.

Was ist zu tun?
Die Entscheidung des OLG ist für den Mieter ernüchternd, entspricht aber der zivilrechtlichen Dogmatik und den zu diesem Problemkreis bisher ergangenen höchstrichterlichen Urteilen. Ganz egal, was im Mietvertrag steht: Jeder Mieter hat neben der exklusiven Nutzung des Mietobjekts immer das Recht, die Gemeinschaftsflächen, insbesondere Zugangswege, mitzubenutzen. Das gilt im Gewerbemietrecht genauso wie im Wohnraummietrecht. Dieses bloße Mitbenutzungsrecht macht ihn aber nicht zum Mitbesitzer dieser Gemeinschaftsflächen. Er hat deshalb auch nicht das Recht, eine Störung durch den Vermieter oder durch Dritte abzuwehren. Selbst wenn das Mitbenutzungsrecht an einer Zuwegung im Mietvertrag aufgenommen wurde, ändert sich an dieser Rechtslage nichts. Der Mieter hätte erst dann Abwehrrechte, wenn die Zuwegung so stark verändert wird, dass er dadurch sein Mietobjekt nicht mehr bestimmungsgemäß nutzen kann. Will der Mieter schon unterhalb dieser Schwelle Abwehrrechte bei Veränderungen der Zuwegung haben, muss er sich im Mietvertrag vom Vermieter ausdrücklich den Mitbesitz daran einräumen lassen.

(Quelle: Immobilien Zeitung 4.10.2019, Ausgabe 40-41/2019)