Wer keinen Rückbau will, muss die Veränderung genehmigen
Lehnt die Eigentümerversammlung den Rückbau einer unzulässigen baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums ab, muss sie die Veränderung nach neuem WEG-Recht ausdrücklich genehmigen. (LG Frankfurt a. M., Urteil vom 14. Januar 2021, Az. 2-13 26/20)
DER FALL
Die Parteien streiten um die Anfechtung eines abgelehnten Beschlussantrags in einer Wohnungseigentümerversammlung aus dem Jahr 2018. In der Eigentümerversammlung sollte die Beseitigung einer im Jahr 1977 unzulässig auf dem Gemeinschaftseigentum erstellten Garage und eines Gartenhauses, das im Nachgang als Anbau zu der Garage errichtet wurde, beschlossen werden. Der Beschluss wurde von der Eigentümerversammlung allerdings mehrheitlich abgelehnt. Hiergegen wendete sich die Klägerin, die ihren Miteigentumsanteil 2012 erworben hatte. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung wurden weder die Garage noch das Gartenhaus tatsächlich im Interesse der Gemeinschaft genutzt noch gab es insoweit Nutzungsregeln.
DIE FOLGEN
Die Klage hatte Erfolg. Das LG Frankfurt urteilte, dass die Ablehnung des Beschlussantrags durch die Eigentümerversammlung einer ordnungsgemäßen Verwaltung widersprach. Dies ist dann der Fall, wenn eine Ermessensreduzierung auf null vorliegt oder aber das Ermessen, das der Versammlung zusteht, nicht ausgeübt wurde. Grundgedanke der Anfechtbarkeit eines Negativbeschlusses ist dabei gerade, dass ein Wohnungseigentümer auch durch die Ablehnung in seinem Recht auf ordnungsgemäße Verwaltung verletzt sein kann. Das Gericht entschied, dass die Eigentümer im Rahmen ihrer Ermessensausübung keine Abwägung vorgenommen hatten. So hätten Alternativen zum Rückbau in die Abwägungsentscheidung einbezogen und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden müssen. Das war nicht der Fall. Vielmehr blieb unberücksichtigt, dass die Garage nicht allen Eigentümern zur Verfügung stand und auch das Gartenhaus ungenutzt blieb. Nach dem neuen WEG-Recht, das hier zwar nicht anwendbar ist, kann von einem Rückbau nur abgesehen werden, wenn die bauliche Veränderung genehmigt wird, hielt das Gericht fest.
WAS IST ZU TUN?
Eigentümerversammlungen haben bei ihren Beschlussfassungen stets darauf zu achten, dass das Recht eines jeden einzelnen Wohnungseigentümers auf eine ordnungsgemäße Verwaltung gewahrt bleibt. Im Fall, dass man von einem Rückbau unzulässiger baulicher Veränderungen absieht, bedeutet das, dass in die Abwägungsentscheidung zwingend Alternativen zu einem Rückbau, welche die Gemeinschaftsinteressen wahren, einzubeziehen und dann auch tatsächlich umzusetzen sind. Darüber hinaus wird mit Blick auf das neue WEG-Recht zwingend sein, dass unzulässige bauliche Veränderungen, die nicht beseitigt werden sollen, ausdrücklich genehmigt werden. (redigiert von Anja Hall)
(Quelle: Immobilien Zeitung vom 02.09.2021, Ausgabe 35/2021)