Zurückbehaltungsrecht kann stillschweigend ausgeübt werden
Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung können Mieter durch Ausübung ihres Zurückbehaltungsrechts beseitigen. Ausdrücklich darauf berufen müssen sie sich nicht.
(OLG Schleswig, Urteil vom 12. Mai 2021,Az. 12 U 116/20)
Der Fall
Die Parteien haben einen Mietvertrag über die Anmietung eines Schwimmbads und weiterer Räumlichkeiten geschlossen. Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis außerordentlich, weil die Mieterin mit der Zahlung der Miete in Verzug war. Sie verlangte mit einer Klage die Räumung und Herausgabe des Mietobjekts. Vor Ausspruch der Kündigung traten diverse Mängel an der Immobilie auf, die die Mieterin zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung der Vermieterin bereits angezeigt hatte und die zu diesem Zeitpunkt noch fortbestanden. Die Mieterin beantragte, die Klage abzuweisen. Sie meinte, dass ihr wegen dieser Mängel ein Recht zur Zurückbehaltung der Miete zugestanden habe, das den Zahlungsverzug und damit den Kündigungsgrund beseitige. Die Vermieterin vertrat dagegen die Auffassung, das Zurückbehaltungsrecht sei nicht bzw. nicht rechtzeitig ausgeübt worden. In der Berufungsinstanz gab das Oberlandesgericht der Mieterin Recht. Es erachtete die Kündigung als unwirksam.
Die Folgen
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Mieterin wirksam von dem Zurückbehaltungsrecht, das ihr infolge der vorhandenen Mängel zustand, Gebrauch gemacht. Zwar hat sie sich nicht ausdrücklich auf dieses Recht berufen. Das sei aber auch nicht notwendig, meint das Oberlandesgericht. Es ist ausreichend, dass sich die Mieterin konkludent durch schlüssiges Handeln auf das Zurückbehaltungsrecht beruft. Dies war hier der Fall, weil die Mieterin den Mietzins einbehalten und gleichzeitig die Mängel angezeigt hatte.
Was ist zu tun?
Gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 kann ein Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs außerordentlich gekündigt werden. Dazu muss sich der Mieter entweder für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils davon in Verzug befinden. Oder der Mieter muss in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, einen Betrag, der die Miete für zwei Monate erreicht, schuldig geblieben sein. Um die Höhe der Mietrückstände festzustellen, muss der Vermieter prüfen, ob sich bestehende Mietrückstände bereits durch Aufrechnung oder Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts reduziert haben oder ob sie gar vollständig beseitigt wurden. Wird Mietzins bei gleichzeitiger Mängelanzeige einbehalten und sind Aufrechnung und Zurückbehaltung nicht mietvertraglich ausgeschlossen, kann hierdurch der Kündigungsgrund entfallen. Entsprechendes gilt übrigens, wenn die Kündigung dem Mieter bereits zugegangen ist und er daraufhin unverzüglich und berechtigt die Aufrechnung erklärt.
(Quelle: Immobilien Zeitung 28.7.2022, Ausgabe 30/2022)