Aus dem Fachörterbuch:

Gewohnheitsrecht

Gewohnheitsrecht ist ungeschriebenes Recht,

•    das durch langdauernde, tatsächliche Übung,
•    die von der Rechtsüberzeugung der Beteiligten getragen ist und
•    nicht den sittlichen Anschauungen der Gemeinschaft widerspricht

entsteht.

Seine Geltung endet durch staatlich gesetztes Recht (Gesetz) oder durch Bildung ihm entgegengesetzten neuen Gewohnheitsrecht. Darüber, wie lange eine Übung gedauert haben muss, lassen sich keine festen Regeln aufstellen. Entscheidend ist, ob die Übung im Bewusstsein der Beteiligten fest als Recht verwurzelt ist. Gewohnheitsrecht kann sich auch entgegen dem geschriebenen Recht bilden und dieses außer Kraft setzen. So können z.B. Bebauungspläne durch abweichende tatsächliche Entwicklung außer Kraft gesetzt werden, wenn diese Entwicklung auf intensiver, allseits als Recht empfundener Übung beruht (BVerwG in NJW 67, 1291 und 77, 2325).
Gewohnheitsrecht ist objektives, allgemeinverbindliches Recht und nur als solches denkbar. Subjektive Rechte, also einzelne Ansprüche bestimmter Personen gegen andere können auch durch lang dauernde Übung nicht entstehen. Z.B. gibt auch jahrelange Duldung einer Wegeüberfahrt dem Begünstigten kein Recht auf weitere Duldung, ebenso wenig jahrelange Duldung eines ungenehmigten, rechtswidrigen Bauwerks durch die Baupolizei. Wenn allerdings ein Rechtszustand „seit Menschengedenken“ besteht und nichts bekannt ist, dass oder wie er einmal anders gewesen wäre, muss er von allen Beteiligten hingenommen werden.